Verkabelte Szene-Kneipen
Vielleicht säßen die einstigen Underground-Dichter Al- len Ginsberg und Jack Kerouac heute in San Francisco im Horse Shoe Coffee House, im Café La Bohème oder im Royal Grounds und brächten unter Decknamen wie „Splat“, „Palooka Joe“, „Cyber Monk“ oder „Spud Muffin" (Kartoffelsemmel) ihre Poesie unters Kneipenpubli- kum. Der Eckplatz an der Fensterfront des Horse Shoe Coffee House ist jedenfalls sehr begehrt: Horizontal ist in den Tisch ein Bildschirm samt Tastatur eingebaut; für 50 Cent können Gäste rund 20 Minuten lang mit anderen verkabelten Szene-Kneipen kommunizieren. Vor einem Jahr knüpfte der Computerfreak Wayne Gregori, 35, einen Verbund („SF Net“) zwischen einem Dutzend Cafés, um Leute miteinander ins Gespräch zu bringen. Nun plant er, auch Lokale in Seattle, New York und Berlin per Telefonleitung einzubeziehen. Politische Manifeste, Debatten über Sinn und Notwendigkeit von Anarchie und Freiheitskämpfen sind heute in der Geburtsstadt der Free speech"-Bewegung allerdings die Ausnahme. Wichtiger scheinen vielmehr Antworten auf die Fragen zu sein, wer den gebrauchten Futon kaufen will, welches Kostüm an Halloween angesagt ist und wer nicht allein sein will.